15. März 2018
Die EU setzt ihre Strategie für einen digitalen Binnenmarkt entschlossen um. Die Schweiz sollte die Themen aufgreifen, wenn sie nicht ausgeschlossen bleiben will. Grosser Handlungsdruck besteht unter anderem bei der Umsetzung der elektronischen Identität. Das zeigt ein Bericht im Auftrag des SECO.
Die Berner Fachhochschule (BFH) wurde vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) damit beauftragt, die Umsetzung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in der EU zu beobachten. Das Projekt „Digital Single Market-Infrastruktur-Observatorium“ dauerte von anfangs 2016 bis Ende 2017. Der Schlussbericht wurde unter anderem auf der Projektseite des Identitätsverbunds Schweiz publiziert.

Was in der EU läuft


Die europäische Kommission hat im Mai 2015 beschlossen, einen EU-weiten digitalen Binnenmarkt (Digital Single Market DSM) umzusetzen. Ziele sind ein einheitlicher Markt und ein grenzüberschreitender Vertrieb für digitale Güter und Dienstleistungen. Die digitale Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft soll koordiniert gefördert werden. Auch die Verwaltung soll digitalisiert werden, und digitale Infrastrukturen für grenzüberschreitende Transaktionen seien aufzubauen.

Die Projektteilnehmenden haben schriftliche Informationen studiert und an wichtigen Veranstaltungen teilgenommen. Auch persönliche Gespräche waren ein wichtiges Instrument für die Informationsbeschaffung. Zudem wurden schweizerische Behörden- und Wirtschaftsvertreterinnen beigezogen, um die Beobachtungen einzuordnen. Es wurde eine Projektbegleitgruppe eingerichtet, welche die Zwischenresultate kommentierte. Die Schlussfolgerungen für die Schweiz wurden also breit abgestützt.

Die Schlüsselrolle der eID


Im Rahmen der DSM-Strategie wurden „Forschungs- und Fördermassnahmen in Milliardenumfang“ beschlossen. Diese haben, wie die BFH beobachtete, „zu regen Entwicklungsaktivitäten unter anderem in den Bereichen der Digitalen Infrastrukturen, der Datennutzung und der Cybersecurity geführt“. Als zentral erweisen sich dabei ganz besonders diejenigen Infrastrukturelemente, welche die grenzüberschreitende Verwendung von digitalen Identitäten und die Identifikation von juristischen Personen im digitalen Geschäftsverkehr ermöglichen. Diese Infrastrukturelemente werden gemäss dem Bericht in allen Ländern umgesetzt, unter anderem dank den. Im Rahmen des Projekts wurde die Situation in fünf ausgewählten Ländern (Österreich, Dänemark, Frankreich, Niederlanden und Norwegen) genauer untersucht. In all diesen Ländern sei die elektronische Identität im Einsatz.

Die Infrastruktur für die Elektronische Identität soll auch der Privatwirtschaft für den elektronischen Geschäftsverkehr zur Verfügung stehen. Unter anderem soll sie die Kundenidentifikation durch Finanzdienstleister ermöglichen.

Anders als die Infrastrukturmassnahmen und Förderprogramme, die bereits kurzfristig Wirkung zeigen, liegen die Regulierungsvorschläge zurzeit grösstenteils noch beim Parlament. Sie werden nach Einschätzung der BFH wohl erst ab 2020 wirksam werden. Es sei aber wichtig, die Regulierungsaktivitäten weiter zu beobachten.

Das Once-only-Prinzip


Der E-Government-Action-Plan und die gemeinsame Tallinn Declaration on E-Government der EU und der EFTA zeigen, wie in Europa die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben werden soll. Die wichtigste Entwicklung sieht die BFH im Once-Only-Prinzip: Es besagt, dass die Verwaltungskunden ihre Daten grundsätzlich nur einmal erfassen sollen. Danach muss die Verwaltung sich selber so organisieren, dass die Daten den weiteren Verwaltungseinheiten, die sie benötigen, ebenfalls zur Verfügung stehen. Dies werde das Verwaltungshandeln und die Verwaltungskultur tiefgreifend verändern, meinen die Autor(inn)en.

Für die Umsetzung des Once-Only-Prinzips in der Schweiz könnten die vorhandenen Basisregister eine Rolle spielen. Die weiteren Grundlagen für die Umsetzung seien aber noch zu erarbeiten, so die BFH. Insbesondere sei auch noch zu erklären, wer für dieses „transversale Thema“ überhaupt zuständig sei.

Zuwarten oder handeln?


Die Autor(inn)en der Studie gehen davon aus, dass die Schweiz sich aktiv einbringen sollte, damit sie Teilnehmerin und nicht Zuschauerin beim digitalen Binnenmarkt wird. Unter anderem sollte sie ihre eigenen Bedürfnisse bei der Definition von Standards für das Cloud Computing oder das Internet der Dinge einbringen. Wichtig sei auch, dass die Unternehmen für die Folgen der EU-Regulierung sensibilisiert würden. Das Wissen über die Entwicklungen in Europa sollte in der Verwaltung breiter gestreut werden.

Die Koordinationsgruppe DSM der Bundesverwaltung, die parallel zu den Projektarbeiten der BFH den Handlungsbedarf aus Sicht der Bundesverwaltung erarbeitete, kam zu einer leicht anderen Einschätzung: „Von den 22 durch die Arbeitsgruppe betrachteten Massnahmen wird in 17 kein Handlungsbedarf gesehen, in den fünf anderen Gebieten werden die bestehenden Aktivitäten als genügend beurteilt“, schreibt die BFH.


Weitere Informationen:
Berner Fachhochschule, im Auftrag des SECO: Schlussbericht Digital Single Market-Infrastruktur-Observatorium, 22. Dezember 2017

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